Am 24. April 2013 stürzte in Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch, der achtstöckige Fabrikkomplex ‘Rana Plaza‘ ein, in dem mehrere Textilhersteller untergebracht waren. 1136 Menschen starben, über 2000 wurden verletzt. Obwohl Risse am Bau festgestellt worden waren, wurde das Gebäude nicht evakuiert, stattdessen wurde weitergearbeitet, bis es zum Einsturz kam (1). Rana Plaza steht seitdem stellvertretend für Menschenrechtsverletzungen, die im internationalen Handel toleriert, ignoriert oder provoziert werden, und erinnert uns daran, welche Konsequenzen billiger Konsum von – zumeist – in Übersee produzierten Produkten haben kann. Ein Großteil unserer Kleidung kommt aus dem Ausland – die Arbeiter*innen in Rana Plaza hatten beispielsweise für Primark, C&A, KiK, und Adler bzw. deren Zulieferer produziert (1, 2). Und das Problem endet ja nicht bei Kleidung, sondern betrifft unterbezahlte Kakao- und Kaffeebauern in Südamerika genauso wie den gefährlichen Abbau von seltenen Erden für die Technologie- und Automobilbranche. Dass das ein Problem ist, darauf können sich ja sogar Elektromobilitätsgegner einigen. 

Mangelnder Arbeits- und Umweltschutz, unzureichende Löhne und soziale Absicherung, unmenschliche Arbeitszeiten, Kinderarbeit – das geschieht auch heute noch, so ungern wir uns das bewusst machen (2). Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit erklärt beispielsweise, dass 79 Millionen Kinder weltweit unter ausbeuterischen Bedingungen in Textilfabriken, Steinbrüchen oder auf Kaffeeplantagen arbeiten; dass 25 Millionen Menschen weltweit Zwangsarbeit verrichten; und dass die Näherin eines Marken-T-Shirts nur 0,6% des Endpreises erhält (3). 

Jetzt gibt es natürlich Initiativen und Hersteller, die sich für bessere Umweltschutz- und Arbeitsbedingungen einsetzen. Unternehmen können sich z.B. mittels Fairtrade (4) oder dem Grünen Knopf (5) zertifizieren lassen. Wenn sie deren Kriterien erfüllen, dürfen sie das entsprechende Siegel übernehmen und dann z.B. Fairtrade-Schokolade anbieten. Außerdem spielt CSR eine immer größere Rolle. CSR steht für ‚Corporate Social Responsibility‘ – es geht darum, dass Unternehmen sich aktiv mit den sozialen, ökologischen und ökonomischen Auswirkungen ihres Handelns auseinandersetzen und darüber berichten, meistens in CSR- oder Nachhaltigkeitsberichten. Was genau CSR heißt, das entscheidet dabei jedes Unternehmen letztlich selbst, auch wenn es für die Berichterstattung gewisse Richtlinien gibt. Heute hat fast jedes seriöse mittelgroße bis große Unternehmen solche Berichte, die man sich auf den Websites anschauen kann (6).

Was sowohl diese Siegel als auch CSR gemein haben, ist die Freiwilligkeit. Unternehmen können sich freiwillig dazu entscheiden, höhere Arbeitslöhne zu zahlen, stärkere Kontrollen ihrer Zulieferer umzusetzen, oder die eigene Produktion strengeren Regeln unterziehen. Das können sie sich dann auf die Fahne schreiben, aber sie werden eben nicht dazu gezwungen. Super Idee, dachte sich die Bundesregierung vor einigen Jahren, so läuft das doch super. Also forderte sie im Jahr 2016 Unternehmen in Deutschland auf, selbstständig für eine bessere Einhaltung von Menschenrechten in ihrer Lieferkette zu sorgen. Diese Initiative war ein Schritt hin zur Umsetzung der ‚Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte‘ der Vereinten Nationen, die bereits 2011 festgesetzt worden waren und nachfolgend ihren Weg in nationales Recht finden sollten (7). Aber wie das immer so ist bei Abkommen mit der Wirtschaft, die auf Freiwilligkeit basieren – das hat nicht so geklappt wie erhofft. 2019/20 wurden die Unternehmen dann gefragt, inwieweit sie diese Leitprinzipien denn nun umsetzten. Nicht nur antwortete nur ein Bruchteil der Unternehmen – unter denen, die es taten, erfüllten auch nur knapp 20% die beabsichtigten Kriterien (8). Freiwilligkeit war gescheitert.

Also nahm sich die Bundesregierung ein Herz und brachte einen Gesetzentwurf auf den Weg. Gut, nicht die ganze Bundesregierung, sondern vor allem Arbeitsminister Hubertus Heil von der SPD, und Entwicklungsminister Gerd Müller von der CSU (9). Wirtschaftsminister Peter Altmaier war kein, naja, riesiger Fan von verpflichtenden Einschränkungen für die Wirtschaft und hat sich lange dagegen gesträubt und – soviel sei verraten – am Ende auch für eine Abschwächung des Ergebnisses gesorgt. Trotzdem haben wir jetzt das “Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten”, oder kurz und knapp “Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz”. Man muss die deutsche Sprache einfach lieben. Es wurde im März 2021 durch das Bundeskabinett initiiert, im Juni von Bundestag beschlossen und vom Bundesrat gebilligt, und schließlich im Juli 2021 – also vor ein paar Wochen – vom Bundespräsidenten Steinmeier ausgefertigt (7, 10). Damit ist das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen. So. Und worum geht’s jetzt?

Entwicklungsminister Müller lässt ein paar warme Worte zum Lieferkettengesetz da.
Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=1YrGFgV-pOo

Das neue Gesetz verpflichtet Unternehmen, entlang ihrer Lieferkette dafür zu sorgen, dass Menschenrechte eingehalten werden. Genauer gesagt betrifft es ab 2023 alle Unternehmen, die in Deutschland mehr als 3000 Mitarbeitende haben, sowie ab 2024 alle ab 1000 Mitarbeitenden. Sie müssen grundsätzlich ihre gesamte Lieferkette, d.h. von der Rohstoffgewinnung bis zum Verkauf an den Endverbraucher, daraufhin überprüfen, ob die Richtlinien der UN eingehalten werden. Diese behandeln Aspekte wie die Unversehrtheit von Leben und Gesundheit, die Freiheit von Sklaverei, Zwangs- und Kinderarbeit, Schutz vor Folter und Diskriminierung, ausreichender Arbeitsschutz und Mindestlohn, keine Enteignung… (8). Solche Sachen eben, wo man sich denken könnte: “Jau, gute Sache.” Und zwar nicht im Sinne von: “Mensch, die haben’s aber gut da in den Textilfabriken”, sondern eher in die Richtung “Das sollte definitiv das absolute Minimum sein.” Es geht mit dem Gesetz letztlich um zwei Sachen: erstens sollen einfach die allergrundlegendsten Aspekte fairer Arbeit sichergestellt werden. Es geht nicht darum, deutsche Standards auf der ganzen Welt einzuführen, sondern erstmal nur das Niveau zu erreichen, das den allgemeinen Menschenrechten entspricht. Zweitens sollen diejenigen Unternehmen, die sich diese grundlegenden Ziele bereits zu Herzen nehmen, nicht weiter dadurch benachteiligt werden, dass andere es ohne Probleme sein lassen können. Gut? Gut.

Um die Einhaltung dieser Mindestanforderungen sicherzustellen, müssen die betroffenen Unternehmen ein paar Dinge tun. Sie müssen die Risiken analysieren, die entlang ihrer Lieferkette existieren, Präventionsmaßnahmen ergreifen, Beschwerdemöglichkeiten einrichten, und jährlich über ihre Tätigkeiten berichten. Wichtig ist dabei: die Unternehmen müssen nicht zwingend die Einhaltung der gesetzlichen Richtlinien erreichen, sondern nur alles tun, was dafür nötig ist. Wenn es dann trotzdem zu Menschenrechtsverstößen kommt, haben sie nicht zwangsläufig gegen das Gesetz verstoßen. Das ist ein feiner Unterschied, der beeinflusst, wonach der Erfolg der Maßnahmen bemessen wird. Dazu kommt: de facto müssen die Unternehmen das alles erst einmal für ihre eigenen Aktivitäten sowie die ihrer direkten Zulieferer tun. Was davor geschieht – und das stellt bei international agierenden Unternehmen im Grunde den allergrößten Teil der Lieferkette dar – müssen sie nur überprüfen, wenn sie “substantiierte Kenntnis” von Menschenrechtsverletzungen erhalten. Das ist ein Zugeständnis an das Wirtschaftsministerium, basierend auf dem Argument, dass ein Unternehmen immer weniger Einfluss darauf hat, was ein Zulieferer macht, je weiter dieser in der Lieferkette entfernt ist. Das ist auch richtig – aber dazu kommen wir gleich noch (3, 8, 10).

Die Einhaltung dieser Maßnahmen wird das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle überprüfen. Sie werden Unternehmensberichte kontrollieren und Beschwerden nachgehen. Eine wichtige Neuerung ist hier, dass Geschädigte aus dem Ausland nun mithilfe von NGOs oder Gewerkschaften auch vor deutschen Gerichten Beschwerde einlegen können. Inwieweit die Unternehmen das Gesetz umsetzen, soll erstmals bis 2026 evaluiert werden. Wenn ein Unternehmen das Gesetz missachtet, können Strafen von bis zu 2% des Jahresumsatzes für sehr große Unternehmen, oder bis zu 8 Mio. € verhängt werden, oder Unternehmen können bis zu drei Jahre von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden. Gleichzeitig muss das Unternehmen dann sofort für Abhilfemaßnahmen sorgen, die das Problem lösen, sowie weitere Präventionsmaßnahmen ergreifen, da die bisherigen offenkundig noch nicht ausreichen (7, 10).

Seid ihr noch da? Das war jetzt viel Stoff. So ein Gesetz, insbesondere so ein wichtiges, ist dann doch sehr umfassend. Dabei verliert man sich gerne in den Details – Entschuldigung. Lasst uns daher jetzt doch mal einen Schritt zurück treten und schauen, was die Betroffenen davon halten. In diesem Fall gibt es, wie im Grunde immer bei solchen Gesetzen, zwei große Kritikerlager: die Wirtschaft, die sagt, dass das alles viel zu streng ist und gar nicht machbar; und Umwelt- sowie Menschenrechtsverbände, denen das Gesetz noch nicht weit genug geht. Aber wieso?

Da wären einerseits die Kritikpunkte der Menschen- und Umweltschützer.

  • Denen fehlt beispielsweise das Recht auf zivilrechtliche Haftung, dass also Betroffene auch selbstständig ohne Unterstützung durch NGOs auf Schadensersatz klagen dürfen (11, 12). Diese Option hatte Peter Altmaier rauswerfen lassen.
  • Sie beklagen, dass die Regeln im Gesetz schwächer sind als die Richtlinien der UN, da sie sich eben nur auf die unmittelbaren Zulieferer beziehen (11, 12). Allerdings sind diejenigen Zulieferer, bei denen Menschenrechtsverletzungen viel akuter sind, eben oft keine unmittelbaren Zulieferer, sondern mittelbar – also viel früher in der Lieferkette.
  • Es wird kritisiert, dass bei mittelbaren Zulieferern erst dann eingegriffen werden muss, wenn schon was passiert ist, und nicht vorher. Außerdem ist keine grundsätzliche Entschädigung der Betroffenen vorgesehen (13).
  • Umweltschutz, z.B. zum Klimawandel oder der Biodiversität, wird nur in Form von spezifischen Pflichten einbezogen, und spielt keine zentrale Rolle in den gesetzlichen Anforderungen (11).
  • Geschlechterbezogene Diskriminierung wird vom Gesetz nicht berücksichtigt, genauso wenig die Beteiligung indigener Bevölkerungsgruppen, z.B. bei Landnutzung (9).
  • Die Untergrenzen werden als zu niedrig bemängelt: in Deutschland gibt es nur knapp 600 Unternehmen, die überhaupt mehr als 3000 Mitarbeitende im Land haben, sowie nur knapp 3000 Unternehmen mit mehr als 1000. Alles darunter wird nicht in die Pflicht genommen (9, 13).
  • Nicht zuletzt wird kritisiert, dass eben keine deutschen Standards angesetzt werden. Einerseits ist das verständlich, da es mitunter utopisch wäre, derzeit deutsche Sozialstandards in allen Ländern zu fordern, so wünschenswert das vielleicht wäre. Andererseits führt das dazu, dass beispielsweise nur der lokale Mindestlohn erreicht werden muss – ob der aber wirklich zum Leben reicht, spielt hier keine Rolle (13, 14).

(Da die Einbettung einfach nicht funktionieren will – das Video der Anstalt findet ihr hier. Ab Minute 16:00 geht’s los. https://www.zdf.de/comedy/die-anstalt/die-anstalt-vom-23-juli-2021-100.html)

Viel Kritik also, dass das Gesetz noch nicht ausreicht. Auf der anderen Seite steht nun die Wirtschaft, die sich als überfordert sieht. Allem voran steht dabei die Frage, ob es bei globalen Lieferketten überhaupt möglich ist, wirksam dort einzugreifen, wo Menschenrechtsverstöße bekannt werden. Bei großen international agierenden Unternehmen hat jeder Zulieferer mehrere eigene Zulieferer, von denen die Endpunkte der Lieferkette mitunter gar nichts wissen. Hier einzugreifen, ist dann aktuell fast unmöglich, wird nun aber nötig. Gleichzeitig kommt eine Unmenge an Bürokratie auf die Unternehmen zu. Zudem ist das neue Gesetz ein nationaler Alleingang, der nicht dort ansetzt, wo Menschenrechtsverletzungen vorwiegend akut sind. Es stellt sich hier die Frage, ob so eine einseitige Forderung aus dem Westen wirklich für langfristig gute Handelsbeziehungen förderlich ist, die allen Beteiligten zugute kommen (14). Das Beste wäre wohl eine internationale Lösung, bei der jedes Land selbst die Einhaltung global vereinbarter Mindeststandards sicherstellt. Da das realistisch gesehen aber erst einmal nicht passieren wird, bleibt die Verantwortung bei denen hängen, die am Ende der Lieferketten stehen. 

Übrigens: durch das Lieferkettengesetz und den damit verbundenen Aufwand – sowohl organisatorisch, als auch aufgrund besserer Produktionbedingungen – könnten Produkte teurer werden. Ob und wie sehr das passiert, kann noch keiner sagen, aber letztlich hängt es davon ab, wie sehr sich ein Unternehmen dazu entscheidet, das zu tun. Nötig wäre es nämlich nur bedingt: beispielsweise beträgt bei einer Tafel Schokolade für 0,89€ der Lohnanteil für den Kakaoanbau nur ca 4-5ct. Wenn dieser Lohn jetzt auf ein existenzsicherndes Niveau angehoben würde, wären es ca. 5ct mehr. Die Schokolade könnte also 0,94€ kosten. Bei einem Auto von 25.000€ könnten teurere Rohstoffe für ca. 200€ Mehrkosten sorgen – wer 25.000€ bezahlt, zahlt vermutlich auch 25.200€. So wird es natürlich nicht passieren, Unternehmen werden, teils aus nachvollziehbaren Gründen, mehr aufschlagen als das – aber grundsätzlich könnten sich die Mehrkosten in einem mehr als verhältnismäßigen Bereich bewegen. Schließlich geht es hier um den wichtigsten Punkt der Lieferkette (15). 

Auch die Sorge, dass Unternehmen ihre Produktion verlagern, wenn bestimmte Produktionsstätten und -länder die Einhaltung von Menschenrechten nicht gewährleisten können, ist vermutlich unbegründet. Auf einzelne Orte mag das zutreffen, aber es ist unwahrscheinlich, dass die gesamte in Niedriglohnsektoren ausgelagerte Wirtschaft von dem bisschen an Mehrkosten, was absolut gesehen auf sie zukommen wird, verprellt wird. Und selbst wenn eine Verlagerung stattfände, kann es kein Argument sein, dass die Menschen über menschenunwürdige Jobs froh sein sollten. Stattdessen zeigt sich hier, dass internationale verpflichtende Standards perspektivisch wichtig sind, damit nicht einzelne Länder auf Kosten ihrer Bevölkerung die notwendigen Standards ignorieren können. 

Und was die technische Machbarkeit angeht – vielleicht kann die Blockchain da helfen. Was eine Blockchain ist? Lieb, dass ihr fragt. Gemäß meines Halbwissens zu Blockchains sind diese – bezogen auf Lieferketten – digitale Netzwerke, bei der einzelne Datenpunkte verschlüsselt, aber dezentral und für alle Akteure der Lieferkette einsehbar gespeichert werden. So können beispielsweise Informationen über Produkte an jedem Schritt der Lieferkette eingetragen werden, und stehen dann allen nachfolgenden Akteuren, für die es von Relevanz ist, fälschungssicher und schnell zur Verfügung. Das würde vor allem den Endpunkten der Lieferkette, aber womöglich auch Kund*innen erleichtern, nachzuvollziehen, welche Zulieferer am Produkt auf welche Weise wann mitwirken. So könnte man einfacher identifizieren, wo beispielsweise eine Kakaobohne herkommt, oder welche Nähfabrik nicht nach den erwünschten Standards produziert. Blockchain ist noch eine junge Technologie, die vor technischen und organisatorischen Hürden steht, und niemand kann genau sagen, wie sie für Lieferketten genutzt werden könnte. Aber sie hat das Potential, nachhaltige Lieferketten massiv zu unterstützen (16, 17).

Ein Fazit. Das Lieferkettengesetz ist wichtig, und es ist ein guter Anfang. Es stellt, um den WWF zu zitieren, einen “Paradigmenwechsel” weg von Freiwilligkeit hin zu verpflichtenden Regeln dar, was nötig zu sein scheint. Es wäre allerdings auch zu schön gewesen, wenn das Gesetz direkt alle glücklich machen würde. Viel wird nachzubessern sein, insbesondere zur Reichweite der Verantwortung und zur Einbeziehung der Betroffenen. Und ob – und wie – das Ganze technisch und organisatorisch machbar ist, oder doch nur in Papierbergen mündet, ohne wirklich was zu bewirken, das müssen wir mal abwarten.

Wie geht’s jetzt also weiter?

Es ist davon auszugehen, dass manche Parteien und Organisationen in Zukunft weiter auf eine Verschärfung des Gesetzes drängen werden, insbesondere, wenn in einer ersten Evaluation der Unternehmen nur geringe Fortschritte festzustellen sind. Diese werden dann wiederum die Wirtschaft und wirtschaftsfreundliche Parteien entsprechend als Beleg für die schwierige Machbarkeit des Gesetzes auslegen. Welche Rolle Blockchains – oder technologische Innovationen allgemein – spielen werden, das weiß wohl noch niemand ganz genau. Spannend wird in jedem Fall, was international sonst so passiert. In Frankreich und den Niederlanden gibt es vergleichbare Gesetze seit kurzem, in England schon länger, und perspektivisch sollen alle Länder die UN-Richtlinien umsetzen. Vor allem auf EU-Ebene geschieht hier derzeit was: das Europäische Parlament hat im März 2021 eine Empfehlung an die Europäische Kommission beschlossen, dass sie ein europäisches Lieferkettengesetz einführen sollen – der Gesetzentwurf soll jetzt diesen Herbst kommen (7). Dieses EU-Gesetz könnte weit über das deutsche Gesetz hinausgehen: es könnte auch für Unternehmen gelten, die nicht in der EU sitzen, aber hier handeln, sowie ein Einfuhrverbot für Produkte beinhalten. Es könnte die Umwelt stärker in den Fokus nehmen, und die Reichweite der Verantwortung in der Lieferkette erweitern. Das sind zumindest Dinge, die derzeit im Raum stehen (9). Und auch CSR wird langsam verpflichtender. Eine bestehende Verpflichtung zur CSR-Berichterstattung, die allerdings nur für große Finanzakteure und börsennotierte Unternehmen gilt, soll bald auf EU-Ebene auch auf andere Unternehmen ausgeweitet werden. Es passiert also was, und immer mehr Unternehmen werden verpflichtet, sich ihrer gesellschaftlichen Rolle bewusst zu werden. Auch kleinere Unternehmen, die (noch) nicht dazu verpflichtet werden, tun dies zunehmend, was begrüßenswert ist. Dieser Wandel geht natürlich nur im Zusammenspiel mit den Kund*innen – also uns -, die CSR und nachhaltige Lieferketten honorieren und fordern sollten, wo wir können. Denn dass unsere T-Shirts und unser Kaffee andere Menschen nicht ihre Gesundheit oder ihr Leben kostet, sollte eigentlich selbstverständlich sein.

Wer gerne Gesetzestexte liest – hier ist der Link zum Gesetz: https://fckaf.de/yeW. Sind auch nur 11 Seiten!


Quellen & Referenzen

(1) Bundeszentrale für politische Bildung (bpb). 23.04.2018. Vor fünf Jahren: Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch eingestürzt. https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/268127/textilindustrie-bangladesch

(2) Kampagne für Saubere Kleidung. Mode & Menschenrechte – ein Einstieg ins Thema -. https://saubere-kleidung.de/mode-menschenrechte/

(3) Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Menschenrechte schützen – Das Lieferkettengesetz ist da. https://www.bmz.de/de/entwicklungspolitik/lieferkettengesetz

(4) Fairtrade Deutschland. Was ist Fairtrade? https://www.fairtrade-deutschland.de/was-ist-fairtrade

(5) Grüner Knopf. Der Grüne Knopf. https://www.gruener-knopf.de/

(6) Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Nachhaltigkeit und CSR. https://www.csr-in-deutschland.de/DE/Was-ist-CSR/Grundlagen/Nachhaltigkeit-und-CSR/csr-grundlagen.html

(7) Handelskammer Bremen. Das Lieferkettengesetz ist da. https://www.handelskammer-bremen.de/beraten-informieren2/auwi/lieferketten/das-lieferkettengesetz-5156262

(8) HAUFE. 18.06.2021. Das Lieferkettengesetz ist verabschiedet – bereiten Sie sich vor! https://www.haufe.de/compliance/recht-politik/lieferkettengesetz-arbeitsbedingungen-in-der-lieferkette-pruefen_230132_506326.html

(9) deutschlandfunk. 11.06.2021. Was im neuen Lieferkettengesetz steht – und was nicht. https://www.deutschlandfunk.de/sozial-und-umweltstandards-was-im-neuen-lieferkettengesetz.2897.de.html?dram:article_id=492469

(10) Die Bundesregierung. Mehr Schutz von Menschen und Umwelt in der globalen Wirtschaft. https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/lieferkettengesetz-1872010

(11) WWF. Das deutsche Lieferkettengesetz. https://www.wwf.de/themen-projekte/politische-arbeit/wir-brauchen-ein-starkes-lieferkettengesetz

(12) Oxfam Deutschland. Lieferkettengesetz: Für Menschenrechte in der Wirtschaft. https://www.oxfam.de/unsere-arbeit/themen/lieferkettengesetz

(13) ZDF. Die Anstalt vom 22. Juni 2021. https://www.zdf.de/comedy/die-anstalt/die-anstalt-vom-22-juni-2021-100.html

(14) IASS. 14.04.2021. The Challenges of Regulating Global Supply Chains. https://www.iass-potsdam.de/en/blog/2021/04/challenges-regulating-global-supply-chains

(15) Initiative Lieferkettengesetz.de. Häufige Fragen. lieferkettengesetz.de/faq

(16) Saberi, S. Kouhizadeh, M. Sarkis, J. Shen, L. 2018. Blockchain technology and its relationships to sustainable supply chain management. International Journal of Production Research 57. 2117-2135.

(17) https://www.pwc.de/de/strategie-organisation-prozesse-systeme/operations/supply-chain-management/blockchain-in-der-lieferkette.html

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